Gertrud „Mucki“ Koch

1. Juni 1924 - 21. Juni 2016

Sich nicht vereinnahmen lassen

Deutschland

Familie

Gertrud Koch (geboren Kühlem) wird 1924 geboren und wächst in Köln auf. Sie hat zwei ältere Halbbrüder aus der ersten Ehe ihres Vaters.

Ihr Vater ist Kesselschmied und aktives Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Ihre Mutter ist Apothekerin. Auch sie interessiert sich für Politik und tritt der KPD bei.

Die Eltern sind Gegner der Nationalsozialisten.

Kindheit und Jugend

Gertrud Koch besucht ab 1930 die Volksschule. Sie ist vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Kindergruppen im politischen Umfeld ihrer Eltern aktiv.

Ab 1933 weigert sie sich, dem nationalsozialistischen „Bund Deutscher Mädel“ beizutreten.

1938 beginnt Gertrud Koch eine Ausbildung in einem Montessori-Kindergarten, in dem Kinder sich nach reformpädagogischen Ideen frei entwickeln können. Die Ausbildung kann sie nicht beenden, weil ihre Familie als „politisch unzuverlässig“ gilt.

Verfolgung in der Familie

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wird der Vater von Gertrud Koch mehrfach verhaftet. SA-Leute durchsuchen und verwüsten die Wohnung der Familie. 1939 wird der Vater in das Konzentrationslager Esterwegen verschleppt, 1942 erhält die Familie die Nachricht seines Todes.

Mutter und Tochter verteilen trotz der Verfolgung heimlich die verbotene kommunistische Zeitung Die Rote Fahne. Zeitweise verstecken sie einen jüdischen Musiker.

Widerstandsaktionen

Gertrud Koch ist früh eine Gegnerin des NS-Regimes. Ab 1939 organisiert sie mit Freundinnen und Freunden eine Gruppe, die gemeinsam musiziert, wandert und sich immer stärker politisch betätigt. „Mucki“ wird zu ihrem Spitz- und Decknamen. Das Erkennungszeichen der Gruppe ist ein Edelweiß an der Kleidung.

Anfang der 1940er Jahre schreibt Gertrud Koch mit anderen aus der Gruppe Flugblätter und verteilt diese. Sie ist auch beteiligt beim Malen von politischen Graffiti auf Eisenbahnwaggons mit Parolen.

Haft und Überleben

1942 wird die Gruppe verraten und Gertrud Koch von der Gestapo festgenommen, verhört und misshandelt. Nach drei Tagen Haft kommt sie wieder frei.

Sie wird noch mehrfach festgenommen, schließlich 1943 aus der Haft entlassen. Sie flieht mit ihrer Mutter nach Süddeutschland, wo beide das Kriegsende erleben.

Erinnerung

Gertrud Koch veröffentlicht 2006 ein Buch über ihre Zeit bei den Edelweißpiraten. Sie spricht öffentlich über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus und ihre Erlebnisse. Sie wird vor allem in Köln für ihren Widerstand geehrt.

Gertrud Koch stirbt 2016 im Alter von 92 Jahren in Köln.

Edelweißpiraten

Die Edelweißpiraten sind Jugendgruppen, die sich Ende der 1930er Jahre im Rhein-Ruhr-Gebiet bilden. Erkennungszeichen ist das an der Kleidung angebrachte Edelweiß.

Die meisten Edelweißpiraten kommen aus Arbeiterfamilien, sind selbst junge Arbeiterinnen und Arbeiter oder Lehrlinge. Sie wollen sich nicht vom Nationalsozialismus vereinnahmen lassen und treffen sich fernab der „Hitler-Jugend“ zum gemeinsamen Musizieren. Sie singen verbotene Lieder aus der Jugendbewegung vor 1933, machen Ausflüge und zelten zusammen.

Manche Mitglieder hören verbotene Radiosender und verbreiten Nachrichten über den wahren Kriegsverlauf. Sie beteiligen sich an Flugblattaktionen oder malen Parolen gegen den Krieg an Häuserwände.

Die Nationalsozialisten verfolgen die Edelweißpiraten. Viele Jugendliche werden schwer bestraft. Sie kommen wegen ihres unangepassten Verhaltens und ihrer Widerstandsaktionen ins Gefängnis oder ins Konzentrationslager.

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